Schüler in Elxleben

In der Regelschule Elxleben schmücken fast überall im Gebäude zahlreiche künstlerische Arbeiten von Schüler*innen die Wände. Es kann also leicht vorkommen, dass man am Keramikmosaik von Gottfried Schüler im alten Treppenhaus vorbeiläuft. Das Kunstwerk von Schüler ist nicht nur von Arbeiten aus dem Kunstunterricht der Schule eingebettet, unmittelbar neben dem Mosaik ist auch der Notfallplan der Schule angebracht. Kein Wunder also, dass die überwiegende Mehrzahl der Schüler*innen aus der 8. Klasse das Mosaik vor den Projekttagen noch nicht bewusst wahrgenommen hatte. Auch, dass das Mosaik aus der DDR ist, war für die Meisten neu.

Die ca. 2×3 m bunte Mosaikarbeit ist eine vergleichsweise kleine Arbeit Gottfried Schülers. In seinen sonstigen baubezogenen Arbeiten habe er eher groß gedacht hat – so Christoph Schüler, der Sohn des Künstlers. Christoph Schüler kümmert sich heute um den Nachlass seines Vaters und erinnert an Schülers Werke in Jena-Lobeda, Nordhausen und Arnstadt.

Am ersten Tag der insgesamt drei Projekttage lernten die Schüler*innen beim Besuch der Gedenkstätte den ehemaligen Haftort Andreasstraße kennen und beschäftigten sich vertiefend mit den Themen Kunst und Arbeit in der DDR. Mit dem Wissen über den sowohl von Mangel als auch von Kreativität geprägten Arbeitsalltag gingen die Jugendlichen am nächsten Tag in die Interpretation des Mosaiks an ihrer Schule.

Dass es sich bei dem Motiv um „arbeitende Menschen“ handelt, war für die Jugendlichen direkt offensichtlich. Auch, dass es sich bei dem Motiv um ein klassisches Beispiel aus dem Formenrepertoire der DDR-Bildkunst handelt, erkannten die Schüler*innen. Am Vortrag hatten sie dich bereits mit der Bildsymbolik in Kunstwerken aus der DDR beschäftigt. Doch welche Berufe genau im Mosaik dargestellt werden, welche Emotionen die Figuren bei ihrer Arbeit empfinden und in welchem Alter sie sind, waren Fragen, die von den Schüler*innen in ihrer Interpretation des Werkes ganz unterschiedlich beantwortet wurden. Einen Anhaltspunkt auf das Alter der abgebildeten Figuren könnte das Entstehungsjahr des Mosaiks geben. Die ehemalige Direktorin der damaligen POS Otto Grotewohl erinnerte sich daran, dass das Kunstwerk 1959 von Professor Gottfried Schüler angebracht wurde. Es ist das Jahr, in dem auch der Polytechnische Unterricht offiziell eingeführt wurde. Der Polytechnische Unterricht deckte sowohl den handwerklichen als auch den naturwissenschaftlich-chemischen Bereich ab. Beides ist in Schülers Mosaik zu finden. Ein Vergleich der im Mosaik abgebildeten Szenen mit historischen Fotografien vom Polytechnischen Unterricht in der DDR lieferte einen weiteren Anhaltspunkt für die Interpretation des Bildes. Die Figuren im Bild sind vermutlich auch Schüler*innen im Polytechnischen Unterricht. Was den Polytechnischen Unterricht ausmachte und welche Bedeutung der Unterricht im Arbeiter- und Bauernstaat hatte, beschäftigte einige Jugendliche in ihrem anschließenden Workshop.

Die Jugendlichen hatten die Möglichkeit sich in zwei Workshops kreativ mit dem Mosaik auseinanderzusetzen. Im Workshop mit dem Erfurter Künstler Felix Schwager erarbeiteten sie ein eigenes Wandbild, dass mit dem DDR-Mosaik räumlich wie formal in einen Dialog tritt. Das neue Wandbild befindet sich auf derselben Etage wie das Mosaik von Schüler, aber im Neubau. Das alte und das neue Wandbild sind über einen Gang direkt miteinander verbunden. Auch der Umriss des neuen Wandbildes macht deutlich, was der Ausgangspunkt für das Bild im neuen Treppenhaus war. Inhaltlich geht das Wandbild der Jugendlichen jedoch ganz eigene Wege. Statt (verpflichtender) Arbeit bildet das Bild in bewusst gewählten satten und bunten Farben die Hobbys und Interessen der Jugendlichen ab.

Die Gruppe einigte sich in einem gemeinschaftlichen Entscheidungsprozess auf die Motive für ihr Wandbild. Das neue Wandbild reicherte sich nach und nach mit den Themen an, die die Jugendlichen in ihrer Freizeit beschäftigen. Sehr beliebt und ganz vorne mit dabei: die Zündkerze als Symbol für die Simson. Aber auch Lesen, Boxen, Fußball spielen, Reiten, Handwerken und Traktorfahren fanden als Hobbys der Elxlebener Jugendlichen ihren Platz im Wandbild. Eine große Herausforderung bei der Umsetzung war es, die Skizze auf Din A4-Größe mithilfe eines Projektors zu vergrößern und maßstabsgetreu an die Wand zu bringen.

Im Podcast-Workshop tauchten die Jugendlichen tiefer in die Geschichte ein. Sie interessierten sich für das Leben in der DDR und weiteten den Blick vom Titel der Podcastfolge „Schüler in Elxleben“ auf die individuellen Erfahrungen aus, die Menschen selbst in der DDR gemacht haben. Sie fragten sich auch, welches Bild junge Menschen heute von der DDR haben. Dafür interviewten sie sowohl Lehrer*innen als auch Schüler*innen. Im Anschluss wollten sie auch wissen, wie ihre Interviewpartner*innen zu dem Keramikmosaik von Gottfried Schüler in Elxleben stehen und ob sie wissen, aus welcher Zeit das Kunstwerk stammt. Das Urteil fiel aus, wie so oft bei baubezogener Kunst: Fast jede*r hatte das Mosaik schon einmal gesehen, teilweise sei man schon jahrelang daran vorbeigelaufen, doch was genau es darstelle, wann es an die Schule kam und wer es überhaupt gemacht habe, das war den meisten nicht bekannt. Hier konnten die Schüler*innen mit ihrem Wissen selbst ihre Lehrer*innen informieren, die das Mosaik noch aus DDR-Zeiten kannten. Über das ästhetische Urteil lässt sich wie immer streiten: „Gefällt Dir das Bild überhaupt“ und „wie findest Du es, dass es an unserer Schule hängt?“ sind Fragen, die die Jugendlichen im Podcast stellen und zu denen sich die Hörer*innen verhalten können. Die Fragen sind nicht nur für die Menschen in Elxleben interessant. Denn die Frage, wie wir mit der immer noch zahlreich vorhandenen baubezogenen Kunst aus der DDR umgehen, wird heute wieder gestellt. Das Team Öffentlichkeitsarbeit innerhalb der Projektgruppe erstellten schließlich Plakate, um ihre Folge zu „Schüler in Elxleben“ sowohl in ihrer Schule als auch in der Gedenkstätte Andreasstraße zu bewerben und die Reichweite ihrer aktualitätsbezogenen Fragen zu erhöhen.

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Regelschule Elxleben

NAME DES KÜNSTLERS*

Gottfried Schüler

Titel des Kunstwerks, jahr

unbekannt, 1959

Technik, Maße

Keramikmosaik, ca. 2 x 3 m

Projektzeitraum

24.-26. Mai 2023

Name der schule

Regelschule Elxleben

Klasse

8

VORNAMEN DER SCHÜLER*INNEN

Antonio, Jule, Alexander, Y., Vivien, Elena, Alina, Felix, V., Oliver, C., Leo, Lilly, Jesica, Lea, Nele, Noel, J., Livia, A., J., Lilli, Till, Yasmin, Jesper, Josy, Paul

Name der Lehrkraft

Evelyn Hauke

KÜNSTLER*IN KUNSTPROJEKT

Felix Schwager